Vermissen…

Es sind diese Momente, in denen man stolz ist auf seine Kinder… wenn man bemerkt, wie groß sie geworden sind… wenn man zufrieden ist mit seiner Arbeit und es teilen möchte… wenn man sich auf den Urlaub freut und sich ausmalt, wie es sein wird am Strand zu grillen und Musik zu hören…

Ich bin nicht einsam, nicht passiv und kann oft Freude empfinden. Leider ändert es nichts daran, dass ich vermisse… vermisse… vermisse…

Es ist sehr schwierig, zu vermitteln, wie es mir geht…

Ich treffe jetzt, da ich wieder seit etwa einer Woche arbeiten gehe, auf neue Menschen, die von unserer Geschichte nur gehört haben. Die Reaktionen sind sehr unterschiedlich. Aber der Umgang mit der Trauer ist auch mit den mir bekannten oder vertrauten Menschen wieder eine neue Erfahrung.

Manche können mich nicht richtig verstehen, weil eine eigene schmerzliche Erfahrung mit einem Verstorbenen (noch immer) sehr mächtig ist. Manchmal wird dazu noch ein Umstand betrauert, der jetzt nicht mehr zu ändern ist… dann habe ich das Gefühl, meine Geschichte nicht mehr erzählen zu können, vielleicht auch unglaubwürdig zu erscheinen, traurig machend oder womöglich verdrängend. Viele treffen aber auch genau den richtigen Ton – wie toll das ist! – und profitieren womöglich von den aktuellen Erfahrungen. Gerne würde ich die Gelegenheit haben, Menschen Mut zu machen, die am Anfang einer solchen Geschichte stehen…

Ich vermisse Berni täglich viele Male, möchte mich austauschen, anlehnen, scherzen, zusammen essen und gesellig sein… so viele Dinge noch erleben, die wir immer geteilt haben. Aber ich bin seinetwegen nicht mehr besorgt oder verzweifelt. Es geht „nur“ um uns, die er zurückgelassen hat.

Berni selbst, davon bin ich überzeugt, hat seinen Frieden gefunden. Er ist ganz ruhig und bis zum Rand mit Liebe gefüllt gestorben. Er ist sich unserer Liebe am Ende ganz sicher gewesen. Er, der immer ein wenig gezweifelt hat…

Das bewahrt mich vor sehr vielen schweren Gedanken, die mit „Hätte ich doch…“ und „Es wäre besser gewesen, wenn…“ beginnen. Ich bin froh, um jede nicht geschlafene Minute mit Berni, denn ich habe alles mit-genommen aber auch mit-gegeben, was unter den Umständen möglich gewesen ist. Es war unser Weg. All das ging jedoch nur durch diese überwältigende Hilfe, die wir bekommen haben.

Meine Nachmittage nach der Arbeit benötige ich derzeit für das Ausfüllen irgendwelcher Anträge, Telefonate, Termine…

Am Wochenende bin ich dann erschöpft und möchte meine Ruhe haben… noch…

Wenn Ihr Bernis Grab aufsuchen wollt…

Es gibt auf dem Weg zum Grabplatz eine „Gieskannenstelle“. Unsere Gießkanne ist grün, es steht „Berni“ drauf und sie ist mit einem roten Schloss mit den Zahlen 156 gesichert.
Die Schokoladenblumen (die Blüten duften in der Sonne himmlisch nach Schokolade…) möchten immer gerne gegossen werden.

Wenn Ihr mögt, könnt Ihr auch Teelichter für die Laterne mitbringen oder Blumen für die Vase oder einfach nichts…

Für mich bedeutet es viel, dass ich immer mal zwischendurch rübergehen kann. Berni hat sich die Nähe gewünscht, für den Fall, dass es so ist. Ich kann sogar von zu Hause fühlen, dass es einen Ort, nicht weit weg, in der Nordstadt gibt, an dem ich ihn „finde“…

Die Trauer kommt in Wellen…

… morgens ist es am schlimmsten, sie überfällt einen in vertrauten Situationen, meistens ohne Vorwarnung, manchmal steigert sie sich zur Verzweiflung, sie ist um so größer, nachdem das Bewusstsein einem kurz suggeriert hat, dass alles nur ein böser Traum sein könnte …

Aber es gibt auch zwischendurch andere Momente, wenn ich merke, dass es tröstet, zu Berni zu sprechen oder ihm zu schreiben… wenn ich merke, dass ich zwischendurch auch einfach liebevoll sein Bild betrachten kann… dass ich Erleichterung verspüre, weil ich diese riesige Verantwortung während der Zeit seiner Krankheit nicht mehr tragen muss… dass womöglich Dinge im Leben auf mich warten, die in unserer Partnerschaft keinen Raum fanden, weil man in jeder Konstellation irgendeine Richtung nimmt…

Die Urnenbeisetzung…

… hat gestern im kleinen Kreise stattgefunden. Wir drei haben vorher die Urne bemalt, haben Briefe geschrieben, ihm was mitgegeben, die Mädchen haben die Urne zum Grab getragen, Kerzen, Rosenblätter, Tränen … Jedes Mal nehmen wir ein Stück des Weges zur Bewältigung der Trauer. Gestern wurde mir wieder bewusst, wie unglaublich lang dieser Weg ist.

Hier könnt Ihr Berni finden. Der Grabstein muss noch in Arbeit gegeben werden.

Das war ein großer Tag…

… der Tag, an dem wir uns von Berni verabschiedet haben. … 27 Jahre und ein Tag nachdem Berni und ich uns das erste Mal geküsst haben.

Wir waren alle da… haben ihm gezeigt, dass wir viele sind, haben wunderbare Worte gefunden, Ihr habt Ihn getragen, wir haben alle zusammen geweint, Erinnerungen ausgetauscht, uns getröstet, gelacht, gespeist und auf Berni angestoßen, Musik gemacht und gesungen, bei seinem Lieblingswetter in der Sonne gelegen, in den ersten Stunden des neuen Tages angefangen zu tanzen… Ich habe jede Sekunde intensiv gespürt, mich nicht alleine gefühlt und gesehen, dass es unseren Töchtern gut geht, Berni ist überall, das Leben wird weiter gehen… im Moment hält es jedoch noch den Atem an.

Trauerfeier

Die Trauerfeier ist in der Vorbereitung. Es gibt viele Dinge, die zu entscheiden sind.

Denkt daran, dass Dirk, der die Trauerrede hält, und wir auf Eure Beiträge bauen. Es ist für den einen oder anderen bestimmt auch eine schöne Gelegenheit noch einmal das Wort an Berni zu richten. Wenn Ihr mögt und zum Winterfest nicht dazu gekommen seid, bringt Fotos mit, dann können wir sie gemeinsam betrachten und Erinnerungen austauschen…

Wir werden Eure Hilfe und Unterstützung für Bernis letztes Fest brauchen. Ich melde mich, wenn ich weiß, was alles zu tun ist.

Durch diese ganzen organisatorischen Dinge haben wir drei Mädels jedoch noch lange keine Idee von unserem neuen Alltag. Ein wenig haben wir Angst davor aber auf der anderen Seite vertraue ich darauf, dass wir etwas entwickeln werden, das ein wenig was von früher, ein wenig was von Berni und etwas neues enthält. Mit dem Wohnzimmer haben wir schon angefangen…

Wir brauchen Eure Erinnerungen…

Wir beschäftigen uns mit der Trauerfeier. Es ist uns wichtig, dass alles so ist, wie Berni und wir es uns wünschen. Dirk hat die Aufgabe übernommen, sich um die Trauerrede zu kümmern. Vielen Dank dafür, ich kann mir niemand besseren vorstellen!

Dafür brauchen wir Eure Geschichten, Eure Bilder, Eure Erinnerungen, die Ihr mit Berni verbindet. Bitte nehmt Euch noch einmal die Zeit – ALLE, die Ihr diesen Blog lest – und schickt bis zum 18.05. unter dem Betreff Erinnerungen, was Ihr erzählen könnt, an:

meibaum@htp.com

Dazu ist es wichtig zu mitzuteilen, aus welchem Zusammenhang Ihr Berni kennt. Und bitte gebt es weiter in Euren Kreisen… dem Freundeskreis, dem Fachbereich, der SPD…

Langsam tröpfelt die Erkenntnis in mein Bewusstsein…

Der erste Moment war gestern, kurz nachdem Berni gestorben war. Die Trauer gemischt mit der Erschöpfung der letzten durchwachten Nächte, der Anspannung und Intensität der vergangenen sieben Monate überschwemmte mich wie eine riesige Welle. Ich wusste, wenn ich jetzt diesem Gefühl nachgebe, kann ich nicht mehr aufstehen…

Es war wichtig, dass die Kinder sofort zu ihm konnten, dass diejenigen kommen konnten, die zuletzt oder immer mal vorher so nah dran waren. Amelie und später auch Chiara spielten Klavier. Es wurden Essen und Getränke gereicht, wir saßen zusammen und weinten, lachten, mussten nicht mehr leise sein, redeten und passten weiter auf ihn auf…

Dann kam der unausweichliche Moment, als er diese Wohnung verlassen musste. Ich hatte das Gefühl, es nicht zulassen zu können. Imke hatte alles im Hintergrund geregelt, damit es so ist, wie ich es wollte. Irgendwer hat dafür gesorgt, dass alle Kerzen in den Händen halten konnten… wir standen auf dem Balkon oder im Hof… Er wurde von der Familie und den Freunden begleitet und getragen. Jetzt muss ich nicht nehr aufpassen… aber wie geht das?

Im Anschluss saßen wir im Hof, haben Feuer gemacht, gesungen, Schnaps getrunken und uns gegenseitig getröstet.

Ein unendlich langer Tag ging irgendwann zuende.